Sonderausstellung im Ikonen-Museum: Margarete Zahn

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Sonderausstellung im Ikonen-Museum: Margarete Zahn

Die Künstlerin Margarete Zahn beschäftigt sich seit Jahren mit dem Thema „Gitter“ und den Grenzen, die sie uns setzen. Die von Margarete Zahn als Gitterwerke bezeichneten Acryl-Bilder sind von starker Präsenz durch ihr großes Format und ihre Farbigkeit. Die Ausstellung lenkt die Aufmerksamkeit des Betrachters aber vor allem auf eine andere Schicht der Gitterwerke, nämlich auf den Hinter- oder Untergrund. Die Musterungen des Hintergrundes haben ihre Vorlagen in gotischen oder historisierenden Fenster- und Deckenmaßwerken alter Architektur. Im Entstehungsprozess dienen diese Muster, als Scherenschnitte abgenommen und rapportartig erweitert, als Unterlage für die weitere Ausarbeitung der großformatigen Acryl-Bilder.

Grenzen neu wahrnehmen

Die lebhafte Farbigkeit und schöne Gestaltung der Scherenschnitte selbst, die ebenfalls wie eine Art Gitter wirken, animieren schon für sich allein genommen den Besucher in unserer Ausstellung, auf die Grenzen zu schauen und sie neu wahrzunehmen. Welche Art von Durchlässigkeit sehen wir hier? Bietet die schöne Grenze Schutz oder ist sie Einengung? Ist sie durchlässig oder unüberwindbar? Bietet sie Durchblick oder Aufblick? Eröffnet der Schritt hindurch völlig neue Räume und Sichtweisen?
Margarete Zahn bringt hier zwei gegensätzliche Aspekte in ihren Bildern zusammen. Das Gitter verschließt den Blick, den Raum und spielt mit den Empfindungen jedes Einzelnen zum Thema Gitter und Grenze. Fast unauffällig liegen in ihren Acryl-Bildern unter den Gittern die rapportartigen Scherenschnitte. Auch sie bilden eine Art Gitter, entstehen aber aus einem völlig gegensätzlichen Aspekt. Das gotische Maßwerk der Fenster in der Architektur, also die kunstvoll gearbeiteten, gliedernden Unterteilungen aus Stein und die gliedernden Bleiverglasungen erlaubten die Vergrößerungen der Fensterdurchbrüche und die Durchlässigkeit des Raumes für Licht und Durchblick, Wohlbefinden und Freiheit. Ebenso erweiterte sich der Raum durch die gotischen Deckengewölbe.

Warum diese Ausstellung im Ikonen-Museum Frankfurt?

Im wahrsten Sinne äußerlich betrachtet ist das Architekturensemble des Deutschordensklosters mit der angegliederten gotischen Kirche ein steinernes Beispiel für die Maßwerk- und Gewölbemuster, die in den Scherenschnitten Margarete Zahns ihren Niederschlag finden. Das Ikonen-Museum hat seine Räumlichkeiten im alten Refektorium, dem Speisesaal der Mönche. So umgeben die Ikonen der Frankfurter Sammlung seit Beginn des Ikonen-Museums im Jahre 1990 die Merkmale westlicher Baukunst aus der Romanik, Gotik und dem Barock.
Der zweite tiefere Sinn ist in der Zugänglichkeit zu Ikonen zu finden. Die kultische Bedeutung von Ikonen reicht in die ersten Jahrhunderte des Christentums zurück. Sie sind die verehrungswürdigen Bilder der Ostkirche und das bis heute. Sie sind das Fenster zum Himmel, Medium zu Gott, der Gottesmutter und den Heiligen. Sie sind untrennbar mit der heiligen Liturgie im Gottesdienst verbunden. Dem eiligen Betrachter bleibt der Sinn der Ikone unzugänglich, er bleibt vor einer Grenze, die die Ikone zieht. Die Ikone distanziert und verwahrt sich. Wer sich aber Zeit nimmt und seine Sinne öffnet, dem öffnet sich auch die Ikone in ihrem metaphysischen Sinn und erlaubt den tieferen Zugang zu Spiritualität und Hingabe.
Die Scherenschnitte in der Ausstellung, die die Durchblicke in den Raum und auf die Ikonen verändern, können neu bewusst machen, was man eigentlich sieht und wo man mit seiner inneren Bereitschaft steht. Mit ihren schönen Mustern und wunderbaren Farbigkeiten sind sie von faszinierender Schönheit und befriedigen einfach für sich ein tiefes ästhetisches Empfinden.
Weitere Informationen gibt es unter www.ikonenmuseumfrankfurt.de.

Red.: Alexandra Neubauer M.A.
Foto: Ikonen-Museum Frankfurt, Stiftung Dr. Schmidt-Voigt

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