Weiterbildung Hessen e.V.: Neue, alte Kompetenzen

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Weiterbildung Hessen e.V.: Neue, alte Kompetenzen

Weiterbildung Hessen e.V.: Durch den medialen Wandel und die immer neuen technischen Möglichkeiten wachsen auch die Anforderungen an die Bildungsdienstleister. Vor allem bei berufsbegleitender Weiterbildung sind Angebote mit online-Modulen auf dem Vormarsch. Diese gestatten es den Teilnehmenden, ihren Stoff individuell durchzuarbeiten, Testfragen zu beantworten und die Lektion bei Bedarf zu wiederholen. Mal eben einloggen, und abends oder am Wochenende noch ein paar Einheiten lernen, das hat Charme. Doch Digitalisierung und moderne Aufbereitung von Inhalten gehörte lange Zeit nicht zum Hauptgeschäft der Bildungsträger. Hier sind Medienunternehmen von Natur aus besser aufgestellt. Neue pfiffige Lehrvideos auf Youtube, etwa von Mathelektionen sind bereits virale Hits, die vieltausendfach angeklickt und geteilt werden. Und die Bildung ist ein weltweit wachsender Markt. Besteht also die Gefahr, dass in Zukunft Youtube oder Amazon auch die Inhalte von Fachbildung komplett digitalisiert anbieten werden und damit den herkömmlichen Weiterbildungsanbietern das Wasser abgraben? Konsequent weitergedacht läuft das auf die Frage hinaus, ob die direkte Wissensvermittlung von Mensch zu Mensch in der modernen Weiterbildung ein Auslaufmodell ist oder noch Zukunft hat.

Einzelschulungen in der Berufsbildung

Eine sehr wirksame Antwort der Bildungsinstitute kann individueller Einzelunterricht oder Einzelcoaching sein. Was vor Jahren noch kaum denkbar war, weil es aus Anbietersicht meist als unwirtschaftlich galt, machen heute einige Anbieter erfolgreich zu ihrem Geschäftsmodell. Die Deutsche Angestellten-Akademie (DAA) etwa hat laut Florian Klügling, Regionalleiter der DAA Mittelhessen, seit 2007 in weiten Teilen aufgehört, berufliche Bildungen im Gruppenunterricht anzubieten – bei der zunehmenden Spezialisierung vieler Berufsbilder kämen normale Gruppen kaum noch zustande. Das Einzelcoaching wird derzeit auf immer mehr Berufe übertragen. Am Standort Marburg bildet die DAA seit 2016 Groß- und Außenhandelskaufleute berufsbegleitend auf diese Weise aus; der erste Teilnehmer legte im Januar 2017 bei der IHK seine praktische Prüfung ab. Natürlich findet keine Rund-um-die-Uhr-Betreuung statt. Bei der Kaufmannsausbildung etwa gibt es an einem Tag der Woche Telefonunterstützung und an einem Tag eine Direktschulung in der Akademie. Eigenständiges Lernen an den anderen Tagen ist sehr wichtig.

Flexibel fortbilden und Erfahrung einsetzen

Aus Sicht der Nutzerinnen und Nutzer hat eine Einzelschulung aber erhebliche Vorteile, vor allem wenn es um die Lernintensität geht: »Jeder kann ja mal ausfallen, das Kind wird vielleicht krank oder man muss zum Arzt. Auch Auftragsspitzen im Unternehmen können Überstunden bedeuten, die das Lernen kurzfristig verhindern. Beim Einzelcoaching werden solche Schwankungen individuell aufgefangen«, fasst es Klügling plakativ zusammen.
Auch beim eingangs erwähnten e-Learning bestimmen die Teilnehmenden zwar das Kurstempo selber. Doch das persönliche Einzeltraining hat viel mehr Vorteile. Durch die stete Unterstützung beim 1:1-Kontakt hilft man den Lernenden, gibt ihnen Motivationsunterstützung und kann individuell auf ihre Stärken und Schwächen eingehen. Weiterbildung im Einzeltraining spielt damit die Vorteile des klassischen Bildungsdienstleisters voll aus: die praktische und pädagogische Erfahrung ihrer Ausbilderinnen und Ausbilder. Auf Anbieterseite muss man allerdings gut kalkulieren und serielle Effekte nutzen. Die DAA unterstützt das individuelle Einzeltraining zudem mit einer Online-Plattform, die Lerninhalte beinhaltet, die aber alleine nicht funktioniert und deswegen auch nicht als E-Learning bezeichnet werden soll.

Technische Ausbildung ganz persönlich

Vor allem im gewerblich-technischen Bereich braucht man die praktische Trainingsmöglichkeit im Bildungszentrum, weshalb hier die Gefahr geringer ist, dass sich Bildung komplett ins Netz verlagert. Die Jugendwerkstatt Felsberg im nordhessischen Schwalm-Eder-Kreis koppelt erfolgreich Einzeltraining und technische Inhalte: Seit Herbst 2016 wird ein Teilnehmer berufsbegleitend zum Maschinen- und Anlagenführer ausgebildet, immer freitags. Für Ausbilder Martin Scholz ist das, wie er sagt, zwar eine Herausforderung, aber der Teilnehmer und dessen Arbeitgeber seien mit dieser Lösung und den Lernfortschritten äußerst zufrieden.

Einzelunterricht fördern lassen

Wie für die Jugendwerkstatt Felsberg kann es auch für andere Bildungsträger eine sinnvolle Ergänzung sein, Einzeltrainings anzubieten. Zumal sich diese Kursform für Förderprogramme eignet, wie z.B. die Initiative ProAbschluss des Landes Hessen. Zwischen Bis zu 4.000 Euro pro Maßnahme kann ein Anbieter über den ProAbschluss-Qualifizierungsscheck abrechnen. Das gilt für Kurse oder Module, die auf eine Externenprüfung in einem anerkannten Ausbildungsberuf vorbereiten. Der Verein Weiterbildung Hessen e.V. organisiert die Förderung und unterstützt Bildungsträger bei der Konzeption passender Kurse. „Bildungsanbieter haben meist lange Erfahrung in der klassischen Wissensvermittlung. Es gibt unter ihnen aber auch Vorreiter in Sachen digitaler Fortbildung oder Einzelcoaching“ sagt Dr. Rainer Behrend, stellvertretender Geschäftsführer bei Weiterbildung Hessen e.V. „Wir sind in der hessischen Bildungslandschaft gut vernetzt und bringen Bildungsanbieter zusammen – durch Veranstaltungen, persönliche Beratung und die Hessische Weiterbildungsdatenbank“, so Behrend weiter.

Weiterbildung Hessen e.V. hilft

Für Bildungsinstitute, die die Konzepte der Jugendwerkstatt Felsberg interessant finden, stellt Weiterbildung Hessen e.V. gerne den Kontakt her. Bildungsträger, die Ihre Angebote noch bekannter machen wollen, sollten sich unbedingt in der Hessischen Weiterbildungsdatenbank (www.hessen-weiterbildung.de) registrieren. Im Auftrag des Landes Hessen veröffentlicht das Portal Kurse, ohne eine Gebühr zu verlangen. Schon über 850 Anbieter mit rund 12.000 Kursen sind verzeichnet, Tendenz steigend.

Red.: Matthias Hischer/Kerstin Zappe, Weiterbildung Hessen e.V.
Foto: Kontrast Fotodesign/Weiterbildung Hessen e.V.

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Kerstin Zappe

Kerstin Zappe

Projektleiterin bei Weiterbildung Hessen e.V.
Kerstin Zappe arbeitet seit knapp 20 Jahren für die Bildungsbranche. Sie hat eine kaufmännische Ausbildung und ein nebenberufliches Studium der Medienwirtschaft absolviert und ist seit März 2015 Projektleiterin bei Weiterbildung Hessen e.V. in Frankfurt am Main. Dort verantwortet sie die Hessische Weiterbildungsdatenbank sowie die Öffentlichkeitsarbeit.
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