Wasserexperte Martin Gayer im Interview Teil 4/10

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Lesen Sie den vierten Teil des informativen Interviews, in dem Wasserexperte Martin Gayer von Acala sich den Fragen von Michael Vogt stellt.

Interview Teil 1/10
Interview Teil 2/10
Interview Teil 3/10
Interview Teil 5/10

Martin GayerMichael Vogt: Thema PET-Flaschen: Die Verwendung von Erdöl ist heiß diskutiert. Sind Glasflaschen eine sinnvolle Alternative?

Martin Gayer: Glas ist eigentlich ein angenehmer Rohstoff, der umweltfreundlich ist. Der Nachteil ist: Er braucht Jahre um sich zu zersetzen, aber er geht zurück in die Natur. Glas ist wirklich ein Naturstoff und zählt eigentlich als Flüssigkeit. Man sieht das manchmal an alten Fenstern, zum Beispiel an Häusern, die hunderte Jahre alt sind mit genauso alten Fenstern. Es ist messbar, dass sie unten dicker sind als oben. Daran sieht man, dass das Glas sich bewegt, und dass es eine Flüssigkeit ist.
Aber der Energieverbrauch ist immens. Man muss erst mal die Flaschen herstellen, man muss sie säubern, dann muss man sie abfüllen, dann muss man sterilisieren. Danach müssen sie verladen und teilweise durch ganz Europa transportiert werden. Es gibt sogar Flaschen, die von noch weiter herkommen. Und zum Teil müssen sie gekühlt werden, zum Teil kommt Kohlensäure rein oder andere Dinge, und es wird unheimlich viel Energie verbraucht. In Deutschland und der Schweiz werden dazu Ökobilanzen veröffentlicht. Die Ökobilanz zum Beispiel sagt, dass zwei Liter Flaschenwasser, die getrunken werden, auf einen Verbrauch von 0,3 Liter Öl kommen. Das ist vergleichbar mit dem Benzinverbrauch.

Michael Vogt: Also fast ein Drittel.

Martin Gayer: Ja, kann man sagen. Und das ist schon immens. Und es ist ja nicht nur das Öl, die Energie, sondern damit kommen natürlich auch hinzu CO2, Umweltverschmutzung, Industrieverstopfung, Verstopfung auf den Autobahnen, also alles unangenehme Dinge. Und die Ökobilanz kommt auf das Ergebnis, dass Flaschenwasser gegenüber dem Hahnwasser bis zu eintausendmal mehr Energie verbraucht.

Michael Vogt: Und das, was zu einer ehrlichen Ökobilanz ja mit dazu gehört – du hast das angesprochen – ist beispielsweise die umweltmäßige Belastung durch den Transport, dazu kommt die Warenfreiheit. Das führt zu der Situation, dass es im Sinne der EU ist, wenn wir sizilianisches oder norwegisches Wasser trinken, Hauptsache wir haben hier den Warenverkehr.

Martin Gayer: Ja, ist verrückt. Also da ist die Wahl eindeutig, wenn man mich fragt, dass man sich für das Hahnwasser entscheidet. Wir haben ja schon darüber gesprochen, pur würden wir das Hahnwasser nicht mehr trinken. Also ich zum Beispiel, wenn ich die Wahl habe oder langfristig planen kann, würde immer auf einen Wasserfilter zurückgreifen, so dass ich zu Hause eigenes sauberes Wasser machen kann.

Michael Vogt: Und damit wären wir bei einer Lösung, die, was die Ökobilanz betrifft, mit dem Hahnwasser in jedem Haushalt – zumindest in unserem Land – zur Verfügung steht und damit überhaupt keine Transportwege hat.

Martin Gayer: Wer das sehen will, der soll sich England anschauen. Da ist die Privatisierung weit vorangeschritten und die haben eine wesentlich schlechtere Wasserqualität als wir in Deutschland. Dadurch dass es eine Insel ist haben sie einen sehr engen Kreislauf. Da ist Wasser sehr privatisiert man merkt das auch. Die dortigen Zuständigen rechnen zum Beispiel, wenn die Rohrleitungen Löcher haben. Sie suchen die Löcher nicht, bevor sie fünf Prozent Wasserverlust haben. Das ist eine rein finanzielle Kalkulation, ab wann sie sagen, „wir fangen an zu suchen und zu bohren“. Das bedeutet ja auch Aufwand, man weiß ja schließlich nicht wo das Loch ist. Aber es kommt Dreck und alles möglich in die Rohre und dadurch verliert man natürlich die Wasserqualität.

Red. + Foto: Acala

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